Gutachteritis beenden

Veröffentlicht am 20.10.2018 in Presseecho

Lokalpolitische Kolumne im Gäuboten vom 20.10.2018

Meine Meinung

Von Bodo Philipsen, SPD-Fraktionschef, Herrenberg

Wir alle nutzen das Auto, und gleichzeitig leiden wir alle unter dem Auto: Das macht die Lösung der Verkehrsprobleme so schwierig. Seit Jahrzehnten diskutieren wir nun schon – die Drucksachen zum Thema stapeln sich inzwischen auf einen Meter Höhe.

Wollte der alte OB Gantner uns noch die Nordumfahrung als Lösung für die Kernstadt verkaufen und den Tunneldurchstich unter dem Schönbuch durchboxen, so setzt der neue OB auf eine breite Bürgerbeteiligung und eine integrierte Mobilitätsplanung (Imep), bei der alle Mobilitätsträger untersucht werden sollen. Auch das zieht sich nun schon viele Monate hin. Erst das Vorhaben des Bundes, in  Herrenberg als einer von fünf Gemeinden in Deutschland ein Modell zu erproben, die Schadstoffe zu reduzieren, bringt nun Fahrt in das Thema. Für mich ist klar:
1. Die Mobilität der Zukunft muss weniger auf das Auto setzen, denn Lärm, Gestank und die Stadtentwicklung erfordern das. Die Mobilität der Zukunft wird eine vernetzte sein, bei der der Umstieg Regel wird.
2. Der Anteil des Autos am Verkehrsaufkommen wird nur dann deutlich sinken, wenn die Alternativen Bahn, Bus, Rad und das Zufußgehen deutlich attraktiver werden.
3. Die Lösung wird also nur in einem Bündel von Maßnahmen liegen. (Die weiträumige Umfahrung um Herrenberg, von der viele noch träumen, ist übrigens längst untersucht: Ergebnis – sehr teuer und aufwendig). Die Lösung wird auch nicht auf einen Schlag umgesetzt werden. Vorteil: Wir können auf technische und gesellschaftliche Entwicklungen reagieren. Klar ist aber auch: Die Gutachteritis muss jetzt ein Ende haben. Die Berliner Modellstadt zwingt uns zu schnellen Beschlüssen, aber auch der Problemdruck in Herrenberg. Wenn wir dem Bund ein überzeugendes Konzept zur Reduktion der Schadstoffbelastung vorlegen wollen, muss es neben nebulösen Zukunftsvisionen wie einer Mobilitätsapp auch konkrete
Maßnahmen enthalten: Beispielsweise neue Buslinien und Bustakte, billigere, besser kostenlose Tickets, Busspuren, bequeme, direkte und sichere Radwegeachsen durch die Innenstadt, als Verbindung zwischen Ost- und Weststadt ein Bahndammdurchstich am Seeländer, attraktive Fußwege, dynamische Anpassung der Ampelschaltungen mit Temporeduzierung, ein stadtweites Parkplatzgebührensystem mit Anwohnerparken,
aber auch Umlenkungsmaßnahmen durch den Umbau der Kreuzungen B 296-Einsteinstraße (Abknicken der B 296 Richtung Herrenberg), durch den Umbau der Kreuzung Daimlerstraße – B 14 (Abknicken der B 14 Richtung Herrenberg), durch den Umbau des Ackermannkreisels (Abknicken L 1184 Richtung Herrenberg) und auch den Umbau des Schickplatzes (Seestraße nur noch Anliegerverkehr).

Der Startschuss für eine neue Mobilität in Herrenberg muss jetzt fallen. Zumindest dafür können wir der Berliner Regierung dankbar sein. Auch das mittelfristige Konzept Imep muss jetzt liefern. Wenn endlich konkrete Vorschläge auf dem Tisch liegen, wird es spannend: Schadstoffreduzierung, Lärmreduktion, Stadtentwicklung, Funktionsfähigkeit oder Bezahlbarkeit müssen dann gegeneinander abgewogen und priorisiert werden. Mal sehen, wer im Wahlkampfmodus dann noch für den Verkehrsumbau eintritt.

 

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