WIR IN HERRENBERG
Ein gesunder Haushalt als
1. Startkapital
Mit so einem Haushalt wie dem von 2008 möchte jeder Oberbürgermeister aufhören, mit so einem Haushalt kann sich aber auch jeder glücklich schätzen, der als Oberbürgermeister anfängt: 13 Millionen in der Rücklage, die höchsten Gewerbesteuereinnahmen in der Geschichte, eine deutlich unter dem Landesdurchschnitt liegende Verschuldung und die zweithöchste Zuführungsrate zum Vermögenshaushalt in der Geschichte der Stadt.
Die im interkommunalen Vergleich außerordentlich niedrigen Verwaltungs- und Betriebsausgaben unterstreichen gleichzeitig, dass es sich bei diesen Zahlen nicht um Eintagsfliegen handeln muss, sondern dass bei solider Haushaltsführung das finanzielle Fundament Herrenbergs auch in der Zukunft stabil bleiben kann. Diese Zahlen sind um so überraschender, da wir in den vergangenen Jahren trotz einbrechender Einnahmen unseren Zukunftsverpflichtungen mit hohen Investitionen vor allem im Bildungsbereich gerecht geworden sind. Man darf es ruhig laut sagen: Unsere Finanz- und Personalpolitik ist ein Vorbild für Bund und Land. Das städtische Personal hat hierzu einen wesentlichen Beitrag geleistet, was der Steuerzahler durchaus auch einmal positiv registrieren darf.
Natürlich muss ein guter Kämmerer auch immer darauf hinweisen, dass diese guten Zahlen in erster Linie auf die Konjunkturbelebung zurückzuführen sind. Die beschlossene Unternehmenssteuerreform, aber auch die anstehenden Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst und vor allem eine einbrechende Konjunktur können das Bild sehr schnell eintrüben. Dabei liegen die Risiken weniger im Vermögenshaushalt als im Verwaltungshaushalt.
Mit Bauchschmerzen hat sich der Gemeinderat zwar für eine „Giftliste“ ausgesprochen, wirkliche strukturelle Verbesserungen im Haushalt stehen aber weiter auf der Tagesordnung, nachdem die Haushaltsstrukturkommission ihre Arbeit still und heimlich eingestellt hat. Anlass genug sich zu überlegen, in welcher Form eine neue Haushaltsstrukturkommission ihre Arbeit aufnehmen kann. Politischer Konsens als
2.Startkapital
Sie, Herr Gantner, verabschieden sich aber nicht nur mit soliden Finanzen, die viel größere Leistung liegt darin, dass es in wesentlichen Fragen der Stadtentwicklung einen breiten politischen Konsens zwischen allen Fraktionen gibt:
„Erstklassige Zukunftschancen“ als
3.Startkapital
In Ihrer letzten Rede vor dem Gemeinderat haben Sie den Blick auch nochmals in die Zukunft gerichtet: Innenstadtbrachen als Zukunftschance - Auch wir sind der Auffassung, dass Herrenberg ein „hervorragendes Entwicklungspotential und erstklassige Zukunftschancen hat“, wenn es uns gelingt unsere Flächenpotentiale in der Innenstadt optimal zu nutzen. Da die Flächen der bisherigen Stadtwerke, der ENBW, der alten Stadtbibiliothek, des ehemaligen Bauhofes, der WLZ oder auch des alten Freibades in einem engen örtlichen, aber auch funktionalen Bezug zueinander stehen, müssen wir diese Flächen auch gemeinsam planen. Mit diesen Flächen besteht nicht nur die einmalige Chance, der Altstadt neues Leben einzuhauchen, sondern der Stadt insgesamt ein modernen urbanes Antlitz zu verleihen, das Herrenberg in der Region Stuttgart eine Bedeutung verleiht.
Eine gemeinsame Planung und Vermarktung birgt auch die Chance, dass wir interessante Investoren finden. Beim Verkauf von Grundstücken darf es in Zukunft auch nicht vorrangig um hohe Verkaufserlöse gehen, sondern vor allem um städtebauliche Qualität. Und dort, wo es erforderlich ist, muss die Stadt auch wieder Flächen aufkaufen, damit sie die Verfügungsgewalt über deren Nutzung behält. Dann ist es keine Frage: Mittelstädten wie Herrenberg mit einer intakten Stadtstruktur stehen alle Tore für die Zukunft offen. Herrenberg 2020 – Mittelzentrum der Region - Auch wir sind der Auffassung, dass „eine reduzierte Siedlungsentwicklung die richtige Zielsetzung ist“ und dass eine „nachhaltige Expansion nach innen“ stattfinden muss.
Wie fast in jedem Jahr unterstreichen auch wir von der SPD, dass ein Wohnsiedlungsschwerpunkt im Bereich Herrenberg Süd liegen muss. Anders als die Mehrheit im Gemeinderat sind wir deswegen auch der Auffassung, dass neue Baugebiete in den Teilorten, insbesondere in denen, die nur für Eigenentwicklung vorgesehen sind, ein kapitaler Fehler sind. Das außerordentlich große Wachstum der Teilorte im Vergleich zur Kernstadt in den letzten Jahrzehnten ist eine schwer wiegende Fehlentwicklung. Dieses Wachstum in die Grünbereiche hat das Aussterben vieler Infrastrukturangebote in den Teilorten nicht verhindern können, hat aber zugleich dafür gesorgt, dass wir den beträchtlichen Ziel- und Quellverkehr in der Kernstadt nicht mehr bewältigen und dass der Einzelhandel in der Altstadt in seiner Existenz bedroht ist. Von dem größten Landverbrauch, den je eine Generation für sich in Anspruch nahm, möchte ich gar nicht reden. Lange, viel zu lange haben wir geglaubt, dass wir unsere Investitionen durch die Ausweisung dieser Bauflächen finanzieren müssen. Ich will es klar formulieren: Weil es im Gemeinderat keinen Konsens darüber gab und gibt, dass Herrenberg als Gesamtstadt und nicht als Kern mit 7 Teilorten entwickelt werden muss, deswegen haben wir an Boden gegenüber Nachbargemeinden verloren, nicht zuletzt deswegen blutet unsere Innenstadt aus.
Das letzte Stadtentwicklungskonzept wurde Mitte der 70er Jahre formuliert. Seit mehr als 3 Jahrzehnten haben wir nicht mehr darüber diskutiert, wie und wo sich unsere Stadt entwickeln soll. Stattdessen wurde arealsbezogen geplant und gebaut. Ohne in eine neue Planungseuphorie zu verfallen: Nur wenn wir endlich beginnen, diese Stadt in ihrer Gesamtheit zu sehen, erst wenn wir einen neuen Stadtentwicklungsplan Herrenberg 2020 gemeinsam mit den Bürgern aufstellen, wird Herrenberg die „erstklassigen Zukunftschancen“ haben, die Sie, Herr Gantner, beschreiben, Und dies beginnt in den Köpfen: Nur wenn die Teilortbewohner sich in erster Linie als Herrenberger sehen, nur wenn die Teilorte Stadtteile werden wie der neue OB das bezeichnet, dann haben wir gemeinsam eine Zukunft, dann trägt die Verwaltungsreform aus den 70er Jahren endlich ihre Früchte.
Aus der Ansammlung unabhängiger Orte muss ein Ganzes entstehen, bei dem auch klar wird, welche Funktion die Kernstadt und welche Aufgaben die Stadtteile für das Ganze zu erledigen haben. Aus dieser Perspektive können viele Stadtteile, vormals Teilorte, neue Entwicklungschancen erhalten. Wir Sozialdemokraten sind als Letzte dagegen, wenn es dabei zu verbesserten Mitsprachemöglichkeiten der Stadtteile kommt und wir fordern, dass das Konzept Herrenberg 2020 ein Konzept wird, bei dem die Bürgerschaft von Anfang an in verschiedenen Projektgruppen beteiligt wird.
2008 – Jahr der Planungen
Der neue Oberbürgermeister kann mit einem beträchtlichen Startkapital beginnen. Hierzu gehört vor allem auch nach der Erfahrung des OB-Wahlkampfes eine außerordentlich interessierte und kreative Bürgerschaft, die endlich mehr Gehör finden will. Es ist nicht zu bestreiten, dass Herrenberg enorme Zukunftschancen besitzt. Ganz offenkundig ist aber auch, dass wir sie nur dann realisieren werden, wenn wir unsere Chancen jetzt beim Schopfe packen. Aus unserer Sicht gehört dazu vor allem, dass wir unsere Stadt in ihrer Gesamtheit planen und dabei zu einem neuen Verhältnis zwischen Kernstadt und Stadtteilen kommen.
Herrenberg muss seine Bedeutung für das Obere Gäu mit den Nachbargemeinden klären, muss aber auch seine Funktion in der Region Stuttgart definieren. Das Jahr 2008 muss zum Jahr der Planung von Herrenberg 2020 werden. Bewältigen wir diese Aufgaben nicht, wird sich das Umland auf unsere Kosten entwickeln. Die Gefahr ist heute bereits deutlich zu beobachten. Kirchturmspolitik hilft da überhaupt nicht weiter.
Wir Sozialdemokraten möchten uns am Ende der Amtszeit bei Ihnen, Herr Dr.Gantner für ihren Einsatz für unsere Stadt sehr herzlich bedanken: Wir waren uns in viel mehr einig als es den Eindruck hatte. Herr Sprißler, wir haben Sie im Wahlkampf nicht unterstützt, Sie haben aber nun die Wahl gewonnen und wir wünschen Ihnen und damit natürlich auch unserer Stadt viel Erfolg in Ihrer Arbeit. Wir nehmen ihr Angebot zum Dialog gerne an und freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit. 2008 ist ein Haushalt des Übergangs. Trotz der wieder beträchtlichen Summen für die Nordumgehung werden wir diesem Erfolgshaushalt zustimmen.
Bodo Philipsen
Fraktionsvorsitzender der SPD
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