"Das soziale Gewissen"

Veröffentlicht am 11.01.2008 in Presseecho

Ute Vogt zeichnete Paul Binder mit der Willy-Brandt-Medaille aus

Bilder der Veranstaltung

Herrenberg - Manche Menschen mögen behaupten, Politik sei ein schmutziges Geschäft. Paul Binder, seit 1971 Mitglied der SPD-Gemeinderatsfraktion in Herrenberg und seit 1978 Mitglied der SPD-Kreistagsfraktion, sieht das anders. "Politik ist ein notwendiges Geschäft", findet er. Sein Lebenslauf macht diese Aussage glaubwürdig. Binder engagiert sich seit rund 40 Jahren als Sozialdemokrat in der Politik, hat sich zudem jahrzehntelang im Haus der Begegnung eingebracht. Die SPD-Landesvorsitzende Ute Vogt verlieh dem 72-Jährigen in der Alten Kelter in Kayh jetzt die Willy-Brandt-Medaille die höchste Auszeichnung der SPD.

VON BARBARA WEIMER

Politik macht er aus Überzeugung, der Glaube ist seine Triebfeder. Bei der Handwerkerlehre zum Schlosser sollte es daher nicht bleiben: Paul Binder, in Holzgerlingen geboren, absolvierte eine Ausbildung zum Diakon, machte sein Diplom zum Sozialarbeiter und trat 1968 in die SPD ein. Im selben Jahr kam er nach Herrenberg. Dort sitzt er seit rund 36 Jahren im Gemeinderat, seit 1978 engagiert er sich für die Sozialdemokraten im Kreistag, war außerdem mehrere Jahre Fraktionsvorsitzender der SPD-Gemeinderatsfraktion und der SPD-Kreistagsfraktion. Als Mitarbeiter der Evangelischen Akademie Bad Boll engagierte er sich im Herrenberger Haus der Begegnung, war Mitinitiator zahlreicher Gruppen und Vereine. In seinem Schaffenszeitraum entstanden etwa der Verein Familienbildungsstätte/Elternschule, der Freizeitclub der Lebenshilfe, das Herrenberger Jugendhaus, der Soziale Arbeitskreis (Fortis e.V.) sowie der Verein Flüchtlinge und wir. Mit Bundespräsident Horst Köhler gründete er in dessen Zeit in Herrenberg den Verein Partnerschaft Dritte Welt. Wenngleich Paul Binder seit rund zehn Jahren im beruflichen Ruhestand ist, lässt sein ehrenamtliches politisches und soziales Engagement in und um Herrenberg nicht nach. "Die evangelische Kirche und die Sozialdemokratie zu versöhnen, das ist dein Bemühen", sagte Bodo Philipsen, Vorsitzender der SPD-Gemeinderatsfraktion in Herrenberg. Binder habe "eine Autorität als soziales Gewissen der Stadt". "Moral bekommt durch dich eine politische Stimme in der Stadt", meinte Philipsen und hob etwa Binders Engagement für Asylbewerber hervor, seine Solidarität mit der Dritten Welt und seine Ablehnung gegenüber gewaltsamen Auseinandersetzungen. Der 72-jährige Herrenberger, unter anderem Träger des Bundesverdienstkreuzes, sei niemand, der den Zeitströmungen nachlaufe. "Was du einmal als richtig anerkannt hast, dazu stehst du auch. Du sprichst niemandem nach dem Munde, dennoch wirst du als Stimmenkönig ins Gremium gewählt", betonte Philipsen. Seine Beiträge hätten an Klarheit nie zu wünschen übrig gelassen. "Und wenn du in der Abstimmung unterlegen warst, bist du nicht nachtragend gewesen. Manche Kämpfe gibst du nicht auf, obwohl du die Mehrheit nie gewinnen wirst. Du gibst unserer Fraktion ein glaubwürdiges, ein menschliches Antlitz."

Die Willy-Brandt-Medaille ist eine seltene Auszeichnung der SPD, mit der die Partei Mitglieder ehrt, die sich in besonderer Weise um die Sozialdemokratie verdient gemacht haben. "Daran kommst du nicht vorbei", meinte Renate Bauer-Riegger, Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Herrenberg. Sie charakterisierte Paul Binder mit den Worten "unermüdlich", "bürgernah", "bescheiden" und "integrativ". "Als offensiver Christ in der SPD beweist du, dass die christliche Wertehaltung innerhalb unserer Partei sehr gut umsetzbar ist."

"Einmal", meinte Paul Binder selbst, "habe ich vielleicht meine Grenze überschritten." 1985 hatte er bei der Herrenberger Oberbürgermeisterwahl gegen den jetzigen Oberbürgermeister Dr. Volker Gantner kandidiert. "Ich möchte mich bedanken, dass wir trotz meiner Kandidatur gut zusammengearbeitet haben. Wir hatten manchmal auch Konflikte miteinander, aber ich habe in dieser langen Zeit auch gelernt, dass wir in der politischen Arbeit von Kompromissen leben müssen und dass Mehrheiten, auch wenn sie hauchdünn sind, akzeptiert werden müssen", betonte Binder. Gantner hob "den erstaunlichen Umfang, die Konsequenz und die Kontinuität" hervor, mit der sich Binder engagiert hat. "Sie sind, man kann das mit Fug und Recht sagen, ein Mitmacher ersten Grades. Es trifft einen, der die Ehrung verdient." SPD-Landesvorsitzende Ute Vogt überreichte dem 72-Jährigen die Willy-BrandtMedaille unter anderem deshalb, "weil es dir gelungen ist, gradlinig und glaubwürdig zu bleiben". "Es ist wichtig", betonte sie, "dass die, die über Politik reden, egal ob am Stammtisch oder im Klassenzimmer, überlegen, wen sie eigentlich meinen. Dass die Masse der Politiker ehrenamtlich arbeitet, sehen viele nicht." Musikalisch umrahmten den Festakt Claudia Thym und Andreas Binder, der ein Stück komponiert hatte. Welchen Platz bekommt die seltene Medaille im Hause Binder? "Für solche Dinge habe ich eine Schublade", meinte der Herrenberger bescheiden.

 

Homepage SPD Herrenberg

Facebook